Weil sich immer weniger Menschen für einen Job im Handwerk entscheiden, steigt der Druck auf die Unternehmen. Manche setzen auf neue Arbeitszeitmodelle. Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer wünschen sich derzeit eine 4-Tage-Woche. Mit diesem Konzept wollen Unternehmen für Fachkräfte attraktiver werden und sich so einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Flexible Arbeitszeitmodelle sind die Modelle der Zukunft. Mit 1,2 % belegt das Handwerk derzeit den letzten Platz aller betrachteten Branchen in Deutschland. Die meist starren Arbeitszeitkonzepte der Handwerksbetriebe entsprechen laut Statista-Auswertung nicht den Wünschen der jungen Facharbeiter.

Das grundlegende Problem

Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) fehlen bundesweit bereits 250.000 Handwerker. Der Verband geht davon aus, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Zudem blieben im vergangenen Jahr rund 19.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Das liegt zum einen am demografischen Wandel. Viele ältere Menschen gehen jetzt in den Ruhestand, aber zu wenige junge Menschen drängen auf den Arbeitsmarkt.

Umfrage 4-Tage-Woche

Die Entwickler der Meisterwerk-App haben deshalb im vergangenen Monat eine Umfrage durchgeführt. Sie befragten insgesamt 103 in Deutschland lebende Handwerker, die in Unternehmen mit 5 bis 50 Mitarbeitern arbeiten. Sie kommen ausschließlich aus Gewerken wie Maler-, Elektro-, Dachdecker-, Gerüst- und HLK-Gewerken. In der Umfrage wurden die Befragten gefragt, ob sie eine 4-Tage-Woche befürworten, wenn dies bedeutet, nur 4 Tage die Woche zu arbeiten, aber dafür 10 Stunden am Tag zu arbeiten oder auf einen minimalen Teil ihres vorherigen Gehalts zu verzichten. 

Die Umfrage zeigt, dass eine 4-Tage-Woche bei deutschen Handwerkern sehr beliebt ist. Demnach wünschen sich 82 Prozent der befragten Handwerker eine 4-Tage-Woche. Die anderen 17,5 Prozent könnten sich dieses Arbeitszeitmodell nicht vorstellen, wenn sie 10 Stunden am Tag arbeiten müssten oder auf einen minimalen Teil ihres bisherigen Gehalts verzichten müssten.

Handwerker:innen sind sich nicht einig

Allerdings unterscheiden sich die Wünsche der weiblichen und männlichen Teilnehmer der Umfrage. Unter den befragten Männern befürworten 87,5 Prozent die 4-Tage-Woche, während nur 53,3 Prozent der Frauen dieses Arbeitszeitmodell wollen. In der Umfrage wurden Handwerker auch gefragt, was sie an ihrem freien Tag tun würden. Freunde treffen und Hobbies nachgehen, waren die häufigsten Antworten von Handwerkern unter 35 Jahren. Die 35- bis 65-Jährigen hingegen möchten eher Zeit mit ihrer Familie verbringen.

Laufende Testphasen 

Einige Unternehmen befinden sich derzeit in der Testphase. In der Schreinerei Mayr in Manching läuft der Vier-Tage-Woche-Test nun seit über einem halben Jahr. Seitdem arbeiten sie in der Produktion und Montage vier Tage die Woche zehn Stunden am Tag. Darauf haben sich der Firmenchef und seine Mitarbeiter geeinigt. Laut dem Firmenchef Andreas Mayrs sei die Arbeit seitdem effizienter: „Die Mitarbeiter sind leistungsfähiger und haben mehr Lust.“

Gesetzliche Regeln für Arbeitszeiten 

Der Verband ZDH fordert von der Politik, das die gesetzliche Höchsttageszeit abgeschafft werden soll, da es von Betrieben viele Anfragen gibt, dies auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umzustellen, um mehr Flexibilität bei der täglichen Arbeitszeit zu bekommen.Die Expertin für Kulturwandel Inga Höltmann fordert ebenfalls flexiblere Arbeitszeiten für Unternehmen, denn mit dem Wandel unserer Gesellschaft sollte sich ihrer Meinung nach auch unsere Arbeit verändern.

Ergebnisse aus UK

Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick nach Großbritannien: Dort läuft derzeit ein Feldtest, bei dem die Arbeitszeit bei gleichem Lohn auf vier Tage reduziert wurde. Allerdings reduziert sich auch hier die wöchentliche Arbeitszeit anteilig. Die Idee: 100 Prozent Leistung zu 80 Prozent der Zeit. Bisher ist die Testphase in ganz Großbritannien sehr vielversprechend.

Work-Life-Balance 

Da die Handwerksbetriebe ihre Mitarbeiter effizient einsetzen können, wird eine angepasste Arbeitszeit mit größerer Flexibilität, die auch die Vier-Tage-Woche einschließt, voraussichtlich nicht zum Umsatzeinbruch führen. Die größtmögliche Mitarbeiterbindung ist aufgrund der vielen Möglichkeiten heutzutage zu einer Herausforderung geworden. Unabhängig von der Branche lässt sich dies mit neuen Arbeitszeitmodellen verbessern. Dies erfordert nicht unbedingt eine Vier-Tage-Woche, kann aber unterstützend wirken, weil es dem Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance gerade bei jüngeren Mitarbeitern entgegenkommt.

Es kommt wahrscheinlich darauf an, eine Balance zu finden, die das Wohl des Unternehmens mit den Wünschen der Mitarbeiter in Einklang bringt.