Berufsorientierung ist ein wesentlicher Baustein der eigenen Lebensgestaltung, weshalb es wichtig ist, die nächste Generation dabei zu begleiten und zu unterstützen. Jugendlichen werden heutzutage mit Initiativen, wie dem Girls’Day, bessere Möglichkeiten geboten als noch vor einigen Jahren.
Besonders Frauen schöpfen ihr Potential heutzutage noch nicht voll aus. Denn Fakt ist, was Mädchen nicht kennen, streben sie nicht an. Was junge Mädchen demnach zu selten zu sehen bekommen, sind kompetente, feminine Vorbilder, in der Softwareentwicklung und anderen Bereichen der IT.
Der Girls’Day bietet jedes Jahr die Gelegenheit, Berufe zu entdecken, in denen Frauen bisher unterrepräsentiert sind. Mit einem Anteil von circa 16 Prozent sind Frauen in der IT-Branche derzeit stark unterbesetzt. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, damit sich dies langfristig ändert. Aus diesem Grund haben wir bei unserer Geschäftsführerin Clara Müller nachgefragt, wie ihr Werdegang war und was sie sich für die Zukunft der Branche erhofft. Sie hat sich die Zeit genommen ein paar Fragen zu beantworten und mit uns über den Girls’Day zu sprechen.
Interview: Geschäftsführerin Clara Müller
Frage: Hi Clara, kannst du dich einmal vorstellen?
Mü: Mein Name ist Clara Müller, ich bin 30 Jahre alt und gelernte Fachinformatikerin im Bereich Anwendungsentwicklung.
Frage: Was genau ist dein Beruf?
Mü: Nach meiner Ausbildung zur Fachinformatikerin habe ich als Programmiererin gearbeitet und leite nun die Firma S+S Datentechnik für den Holzbau GmbH, zusammen mit meinem Kollegen Arno Trier, als Geschäftsführerin.
Frage: Welche Erwartungen hast du an die Veranstaltung?
Mü: Der Girls’Day ist eine eintägige Veranstaltung, bei dem Mädchen ab der 5. Klasse einen Einblick in einen von Männern dominierten Beruf erhalten können. Der Girls’Day heißt auch der Mädchen Zukunftstag, denn darum geht es: Mädchen zeigen, dass auch Berufe in denen Frauen seltener vertreten sind, spannend und interessant sein können und ihre Berufswahl nicht davon abhängig ist wie gängig Berufe unter Frauen sind sondern von den eigenen Interessen. Ich hoffe wir als Firma S+S können dazu einen Beitrag leisten.
Frage: Was denkst du warum es in deinem Beruf so wenig Frauen gibt?
Mü: Ich glaube dies liegt zum einen daran, dass es Mädchen immer noch gesellschaftlich vorgelebt wird, dass Jungen und Mädchen sich für unterschiedliche Dinge interessieren müssen. Und dies umfasst eben, dass Mädchen vorgelebt wird, dass Frauen u.A. stärker im Bereich von Erziehungsberufen, Gesundheitsberufen, Reinigungsberufen, Verkaufsberufen (um nur eine Auswahl zu nennen) vertreten sind. Hingegen ist der Frauenanteil in der Informatik, in Berufen in der Baubranche und im Handwerk viel geringer und von Männern dominiert. Ich denke dieses Ungleichgewicht liegt nicht am mangelnden Interesse von Mädchen an technischen Berufen, sondern an der allgemeinen Prägung und Zugänglichkeit.
Frage: Wie war das denn bei dir? Wer hat dich bei der Berufsorientierung unterstützt?
Mü: Rückblickend waren die Möglichkeiten zur Berufsorientierung die ich in der Schule erhalten habe sehr unzureichend. Jedoch war ich immer gut in Schulfächern wie Mathe und Physik und für mich stand deshalb fest, es soll etwas technisches oder handwerkliches werden.
Frage: Heute arbeiten Jungen als Erzieher und Mädchen werden IT-Spezialistinnen, wie wichtig ist diese Veränderung für dich?
Mü: Für mich ist diese Entwicklung enorm wichtig, denn es geht mit Gleichberechtigung der Geschlechter einher. Nicht nur die Gleichberechtigung der Wahl des Berufs, auch der der Bezahlung und letztendlich auch der Zufriedenheit. Nicht jedes Mädchen muss sich für einen IT Beruf entscheiden und nicht jeder Junge muss Erzieher werden, aber beide sollen die gleichen Chancen haben sich für einen Beruf zu entscheiden, der den eigenen Interessen entspricht.
Frage: Spielen Rollenklischees und Geschlechterstereotypen überhaupt noch eine Rolle in unserer Gesellschaft?
Mü: Auf jeden Fall durchdringen Rollenklischees und Geschlechterstereotypen noch immer unsere gesamte Gesellschaft. Von “Ladies first” bis zum unmöglichen Unterfangen Frauen-Laufschuhe in einer dunklen Farbe zu finden die nicht Rosa oder Weiß ist, ist noch immer unser ganzes Leben davon geprägt. Manche machen sich das mehr bewusst, andere weniger, aber es ist auf jeden Fall immer noch sehr stark vorhanden. Und diese Klischees und Stereotypen können harmlose Folgen haben, sie können das eigene Leben aber auch stark (negativ) beeinflussen. Beispielsweise wenn man als Frau nicht ernst genommen wird nach dem Motto “Das ist ja Mädchenkram” oder “Junge Frau”, oder man knallhart übergangen, gemobbt, ausgeschlossen wird.
Frage: Was brauchen deiner Meinung nach junge Menschen um eine selbstbestimmte Berufs- und Studienwahl frei von diesen Klischees treffen zu können? Wie kann aus deiner Sicht der Girls’Day dazu beitragen?
Mü: Meiner Meinung nach müssen Kinder bereits früh mit verschiedenen Interessensgebieten in Berührung kommen. Damit sie später überhaupt wissen können, was möglich ist und was sie wirklich interessiert. Der Girls- und Boys’Day ist dazu eine gute Möglichkeit einen Beruf kennenzulernen, den die Jugendlichen möglicherweise noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
Frage: Eine Folge von den Rollenmustern sind ja auch die fehlenden Frauen in Führungspositionen. Hast du als Geschäftsführerin diesbezüglich einen Rat?
Mü: Je mehr Mädchen und Frauen die Möglichkeit bekommen ihren Talenten und Interessen zu folgen, desto mehr Frauen können Führungspositionen besetzen. Jedes Unternehmen sollte bei der Besetzung von Führungspositionen genau hinschauen und eigene Vorurteile und Grundannahmen überdenken um so alte “Gewohnheiten” zu begraben und Frauen eine valide Chance zu geben. Denn nicht das Geschlecht, sondern die mitgebrachten Fähigkeiten sind relevant für die Position.
Frage: Hattest du Angst als weibliche Geschäftsführerin nicht akzeptiert zu werden?
Mü: Angst nicht, aber ich wusste dass es in den Augen von manchen Menschen zumindest “Bedenken” geben würde. Man sollte sich davon nicht abschrecken lassen, es gibt immer Menschen die einem nicht gewogen sind, egal auf welche Art und Weise.
Frage: Was erhoffst du dir vom Girls’Day?
Mü: Ich erhoffe mir vom Girls’Day, dass wir als Firma S+S einen Beitrag leisten können Mädchen mehr Möglichkeiten aufzuzeigen.
Frage: Könntest du dir eine jährliche Teilnahme am Girls’Day vorstellen?
Mü: Ja auf jeden Fall, ich möchte gerne die Möglichkeit nutzen um Mädchen einen Beruf zu zeigen der viele Chancen bietet und der Frauen noch immer unterrepräsentiert.
Frage: Super! Na dann sehen wir uns ja nächstes Jahr wieder. Hast du noch ein paar abschließende Worte?
Mü: Ich freue mich auf den Girls’Day 2022 und auf die Mädchen die sich dazu entscheiden bei uns den Beruf der Fachinformatikerin ein wenig kennenzulernen.
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